Bericht von R. aus der JVA Rosdorf
Sicherungsverwahrten Menschen wie mir stehen bei Arbeit in den Betrieben Urlaubstage zu. Nur dass die Arbeit nicht wie Arbeit draußen gewertet wird: Sicherungsverwahrte genauso wie Gefangene erhalten bloß eine „1-€“-Vergütung und keinen Mindestlohn, sie können keine Sozialversicherungsansprüche sammeln. Und bei voller Beschäftigung gibt es für Sicherungsverwahrte nur 10 Freistellungstage pro Halbjahr.
JVA Hannover, 2018
2018 war ich noch in der JVA Hannover. Auf meinem Lohnschein vom Mai 2018 hatte ich noch 9 Freistellungstage, die ich nehmen konnte. Im Juni 2018 hatte man dann plötzlich aufgeführt, dass ich kein Kontingent mehr hatte: 0. Wie konnte das sein, wenn ich in der Zwischenzeit gar keine Freistellungstage genommen hatte? Daraufhin habe ich der Arbeitsverwaltung der JVA den Gesetzestext mitgeteilt: Auf die halbjährlich erworbenen Tage besteht ein Jahr Anspruch. Wie sich herausstellte, war das BasisWeb fehlerhaft programmiert, mit dem die Berechnungen automatisch erfolgten! Für den Lohnschein Juli 2018 wurden meine Freistellungstage dann immerhin wieder eingetragen – allerdings 5(!) zu wenig, was mir erst zu spät aufgefallen ist.
JVA Rosdorf, 2021
Im Juli 2021 bin ich auf eigenen Wunsch in die SV-Abteilung der JVA Rosdorf verlegt worden. Zu diesem Zeitpunkt war alles unter Quarantäne gestellt, nach meiner Ankunft wurde ich trotz Impfung unter Verschluss genommen. Während der gesamten Quarantäne-Zeit durfte keiner aus der SV-Abteilung in den Unternehmerbetrieben arbeiten. Somit hatten nur die zwei Hausarbeiter und ein Fensterputzer Gelegenheit zu arbeiten, dazu gab es noch maximal zwei extra für die Pandemie eingerichtete Unternehmerbetrieb-Arbeitsplätze. Später hatte ich mich offenbar im Bett verlegen, mir war es weder möglich, meinen linken Arm vorwärts noch seitwärts au Schulterhöhe zu heben. Eine Verletzung wurde im MRT attestiert, ich bin immer noch im Genesungsprozess, erhalte Physiotherapie.
Um nicht allzu viel Zeit nach meiner Ankunft in Rosdorf zu verlieren, stellte ich einen Antrag auf meine noch in Hannover erworbenen Freistellungstage. Der Antrag wurde jedoch formal abgelehnt: Da ich zu diesem Zeitpunkt keinem Betrieb angehörte, könnte ich auch nicht freigestellt werden. Bei den Behandlungsteam-Gesprächen legten mir die Behandler daraufhin nahe, mich nicht freistellen zu lassen, sondern mich auf eine Arbeit zu bewerben. Doch wie, mit dem Schulterproblem?
Jedenfalls habe ich dann einen Antrag auf Auszahlung meiner noch offenen Freistellungstage gestellt: Auch dieser Antrag wurde abgelehnt.
Daraufhin habe ich mich in meinem Bekanntenkreis umgehört, wo ich noch Hilfe bekommen kann, da mein Anwalt sich mit diesen arbeitsrechtlichen Sachen nicht auskennt. So habe ich mich dann an das Landesamt für Versorgung und Bezüge in Aurich gewandt. Die haben mein Anliegen gleich ungefragt an das Landesgericht weitergeleitet. Ob es noch andere Optionen gegeben hätte, dass kann ich nicht beurteilen. So gab es gleich ein Aktenzeichen. Die Richterin Frau Dr. Kohlmeier hat meinen Antrag in ihrem Beschluss kurzerhand zurückgewiesen. Den Wunsch, mich mit ihr telefonisch zu besprechen, lehnte sie ab.
Das wollte ich nun so nicht hinnehmen. Freistellungstage in der SV sind Urlaubstagen draußen gleichzusetzen. Die Freistellungstage hatte ich übrigens bekommen, weil ich eine Leistung erbracht, erarbeitet hatte. Wir reden hier von über 400 €, die die Justiz versuchte einzubehalten. Daraufhin habe ich Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts beim Oberlandesgericht eingelegt. Diese wurde ebenfalls aus formalen Gründen, ansonsten unbegründet abgelehnt: Meine Beschwerde sei nicht von einem Anwalt unterschrieben.
Für mich ist das eine staatliche, bandenmäßige, juristische Unterschlagung. Mehr kann ich dazu nicht sagen, außer dass ich allen Bescheidern mal solch eine Erfahrung wünsche, nicht an Geld zu kommen, für das man gearbeitet hat.
Innerlich habe ich mich schon von meinem Geld verabschiedet. Allerdings fördert solches Vorgehen nicht gerade meine Bereitschaft, hier in irgendeiner Form formal zu arbeiten. Lieber arbeite ich in der Kreativ-Werkstatt für das Projekt Wald&Wiese, da kann ich der Gesellschaft etwas Gutes tun bzw. kann zumindest irgendetwas zurückgeben. Es mag für Außenstehende vielleicht aussehen, dass ich mir mit dieser Haltung selbst schädige. Das ist jedoch nicht der Fall, zumindest empfinde ich es nicht so.
Die im Text erwähnten Lohnscheine und Atteste hat die Knast-Soligruppe eingesehen.