Wieder einmal Doppelbestrafung zu Unrecht

Bericht von der R. aus der JVA Rosdorf

Ein Sicherungsverwahrter sollte zur Urinkontrolle (UK), die regelmäßig durchgeführt wird. An dem Tag „konnte er nicht“ und ging darauf vom medizinischen Stützpunkt, der in einem anderen Haus untergebracht ist, wieder zurück in die SV-Abteilung. Dies wurde als Verweigerung eingestuft – was nicht geschehen wäre, wenn er sich dort in einen Warteraum hätte einschließen lassen, bis er dann gekonnt hätte.

Diese zu Unrecht so eingestufte Verweigerung führte dazu, dass nun Bestrafung Nr. 1 darin besteht, dass er drei Ausführungen mit Laufkette machen muss, und Nr. 2, dass er seinen Fernseher am Wochenende abgeben muss.

Die Justiz bzw. die Obrigkeit der SV-Abteilung setzt sich somit auch noch über das Verbot einer Doppelbestrafung hinweg. Dies stellt in eklatanter Weise und zum x-ten Mal einen Amtsmissbrauch dar. Das Gesetz wird also mit Füßen getreten. Man muss sich wirklich fragen, wozu und für wen es im Rechtsstaat da ist.

Finanzielle Bereicherung der Firma Massak an Gefangenen

Text von Sicherungsverwahrten aus der JVA Rosdorf

Wir haben mit Unterstützung der Knast-Soligruppe die in der JVA Rosdorf von Massak angesetzten Preise mit denen bei einem Discounter (Aldi) verglichen. Von ca. 1.500 Artikeln hatten wir 92 ausgewählt. Allein bei dieser Auswahl verdient Massak bei 22 Artikeln über den erlaubten plus 20% (entspricht insgesamt ca. 20 €). Nun ließe sich eine Hochrechnung anstellen… In der SV könnten wir Fleisch auch draußen kaufen, wenn es mit den Ausführungen/Ausgängen zuverlässig klappen würde. Aber was ist mit den Strafgefangenen? Sie sind gezwungen diese Wucherpreise zu bezahlen. Wieso unterstützt die staatliche Institution JVA so etwas?

Hier einige Beispiele. Die erste Zahl ist der Aldi-Preis in Göttingen vom 14.04.22 plus 20%, die zweite Zahl der Massak-Preis von April: Naturjoghurt 4*150g (0,95 / 1,89), Schweineschnitzel (4,79 / 7,25), Cornflakes (1,43 / 3,19), Honig Spender (3,59 / 3,89), Brauner Zucker (1,79 / 2,69), Paniermehl (1,06 / 1,19), Ferr. Kinderriegel (2,62 / 2,79), Lux Seife (0,39 / 0,59), Colorwaschmittel (3,78 / 4,69), Orangensaft 1,5l (1,32 / 1,50).

Was denkt die Politik? Thomas Meyer-Falk (SV JVA Freiburg) hatte die Landesparlamente angeschrieben, um einen Pandemiezuschuss auch für Gefangene zu bewirken. Verwiesen hat er insbesondere auf Mehraufwendungen, die auf hohe Preissteigerungen des Lebensmittelhändlers Massak zurückzuführen sind. Der Petition wurde nicht stattgegeben, allerdings gab es einen Einblick in die sehr ungleiche Praxis der Länder. Daneben wurde von einigen Ländern auch ungefragt das Geschäftsgebahren der Firma Massak Logistik GmbH gerechtfertigt, die einen Großteil der deutschen Gefängnisse beliefert. Gefangene würden – wie in auch in der JVA Rosdorf – nicht Lebensmittel, sondern eine Dienstleistung kaufen. Für ein einzelnes Produkt würden Kosten entstehen für Verwaltung, Transport, Personal, Verpackung, Verteilung.
Die gesetzlich festgelegte Maximalpreishöhe (höchstens 20% über den ortsüblichen Preisen) für Lebensmittelverkauf in Gefängnissen scheint in manchen Landesparlamenten nicht bekannt. Auch unbekannt scheint, dass jeder Discounter die gleichen Verwaltungs-, Transport, Personalkosten usw. erbringen muss – und es sich beim Verkauf von Lebensmitteln immer um eine Dienstleistung handelt!

Letzten Freitag sind bei uns von Massak wieder Artikel nicht mitgeliefert worden oder es sind falsche angekommen, die nicht bestellt wurden. Wir sollen an die Gesellschaft herangeführt werden. Aber wer von uns wird nach der Haft/Verwahrung am Dienstag einen Bestellschein für den Wocheneinkauf ausfüllen, um am Freitag dann ein Päckchen mit den Lebensmitteln entgegenzunehmen? Man hat hier durch Wegrationalisierung des Sichteinkaufs einen Rückschritt eingeleitet, der unübersehbar nur Nachteile mit sich gebracht hat.

Wir fordern die sofortige Wiedereinsetzung des Sichteinkaufs!

Brief der Interessenvertretung der Sicherungsverwahrten in der JVA Rosdorf an das Nds. Justizministerium vom 16.04.2022 (redaktionell bearbeitet)

Wir haben seit Februar 2022 keinen Sichteinkauf mehr und haben uns mit einer Petition, unterschrieben von 99% der Sicherungsverwahrten, an die Anstaltsleitung gewendet. Die Firma Massak kann von der Anstaltsleitung verpflichtet werden, für uns Sicherungsverwahrte wieder einen Sichteinkauf zu machen! Es wurde verpasst Sie davon in Kenntnis zu setzen, was wir hiermit tun. Eine solche Anweisung würde nicht den Vertrag berühren, da dieser nicht zwischen Anstaltsleitung und Firma Massak geschlossen worden ist.

Das Sicherungsverwahrungsgesetz gesteht uns die Angleichung an das Leben in Freiheit zu, damit auch eine Selbstversorgung. Mit einem Tüteneinkauf wie bei Massak ist es nicht machbar, die Selbstversorgung im Rahmen einer gesunden und ausgeglichenen Ernährung zu gestalten. Denn bei einer spontanen Nichtlieferung von Lebensmitteln seitens der Firma Massak werden auch keine Ersatzprodukte geliefert. Ein Ausweichen auf andere Lebensmittelprodukte ist dann nicht möglich. Auch ist es uns nicht möglich, für die Beschaffung von Ersatzprodukten unsere Regelausführungen oder gar den Wohngruppeneinkauf zu nutzen. Denn aufgrund von Corona kommt es ständig zu Absagen der verschiedensten Lockerungsmaßnahmen. Wir haben somit keine Ausweichmöglichkeit, um dem vorhandenen Problem adäquat entgegentreten zu können.
Deswegen fordern wir die sofortige Umsetzung des Sichteinkaufs!
Bitte informieren Sie uns schriftlich über ihr Vorgehen.

Recht auf Freistellungstage endet erneut in bandenmäßiger Unterschlagung

Bericht von R. aus der JVA Rosdorf

Sicherungsverwahrten Menschen wie mir stehen bei Arbeit in den Betrieben Urlaubstage zu. Nur dass die Arbeit nicht wie Arbeit draußen gewertet wird: Sicherungsverwahrte genauso wie Gefangene erhalten bloß eine „1-€“-Vergütung und keinen Mindestlohn, sie können keine Sozialversicherungsansprüche sammeln. Und bei voller Beschäftigung gibt es für Sicherungsverwahrte nur 10 Freistellungstage pro Halbjahr.

JVA Hannover, 2018

2018 war ich noch in der JVA Hannover. Auf meinem Lohnschein vom Mai 2018 hatte ich noch 9 Freistellungstage, die ich nehmen konnte. Im Juni 2018 hatte man dann plötzlich aufgeführt, dass ich kein Kontingent mehr hatte: 0. Wie konnte das sein, wenn ich in der Zwischenzeit gar keine Freistellungstage genommen hatte? Daraufhin habe ich der Arbeitsverwaltung der JVA den Gesetzestext mitgeteilt: Auf die halbjährlich erworbenen Tage besteht ein Jahr Anspruch. Wie sich herausstellte, war das BasisWeb fehlerhaft programmiert, mit dem die Berechnungen automatisch erfolgten! Für den Lohnschein Juli 2018 wurden meine Freistellungstage dann immerhin wieder eingetragen – allerdings 5(!) zu wenig, was mir erst zu spät aufgefallen ist.

JVA Rosdorf, 2021

Im Juli 2021 bin ich auf eigenen Wunsch in die SV-Abteilung der JVA Rosdorf verlegt worden. Zu diesem Zeitpunkt war alles unter Quarantäne gestellt, nach meiner Ankunft wurde ich trotz Impfung unter Verschluss genommen. Während der gesamten Quarantäne-Zeit durfte keiner aus der SV-Abteilung in den Unternehmerbetrieben arbeiten. Somit hatten nur die zwei Hausarbeiter und ein Fensterputzer Gelegenheit zu arbeiten, dazu gab es noch maximal zwei extra für die Pandemie eingerichtete Unternehmerbetrieb-Arbeitsplätze. Später hatte ich mich offenbar im Bett verlegen, mir war es weder möglich, meinen linken Arm vorwärts noch seitwärts au Schulterhöhe zu heben. Eine Verletzung wurde im MRT attestiert, ich bin immer noch im Genesungsprozess, erhalte Physiotherapie.

Um nicht allzu viel Zeit nach meiner Ankunft in Rosdorf zu verlieren, stellte ich einen Antrag auf meine noch in Hannover erworbenen Freistellungstage. Der Antrag wurde jedoch formal abgelehnt: Da ich zu diesem Zeitpunkt keinem Betrieb angehörte, könnte ich auch nicht freigestellt werden. Bei den Behandlungsteam-Gesprächen legten mir die Behandler daraufhin nahe, mich nicht freistellen zu lassen, sondern mich auf eine Arbeit zu bewerben. Doch wie, mit dem Schulterproblem?

Jedenfalls habe ich dann einen Antrag auf Auszahlung meiner noch offenen Freistellungstage gestellt: Auch dieser Antrag wurde abgelehnt.

Daraufhin habe ich mich in meinem Bekanntenkreis umgehört, wo ich noch Hilfe bekommen kann, da mein Anwalt sich mit diesen arbeitsrechtlichen Sachen nicht auskennt. So habe ich mich dann an das Landesamt für Versorgung und Bezüge in Aurich gewandt. Die haben mein Anliegen gleich ungefragt an das Landesgericht weitergeleitet. Ob es noch andere Optionen gegeben hätte, dass kann ich nicht beurteilen. So gab es gleich ein Aktenzeichen. Die Richterin Frau Dr. Kohlmeier hat meinen Antrag in ihrem Beschluss kurzerhand zurückgewiesen. Den Wunsch, mich mit ihr telefonisch zu besprechen, lehnte sie ab.

Das wollte ich nun so nicht hinnehmen. Freistellungstage in der SV sind Urlaubstagen draußen gleichzusetzen. Die Freistellungstage hatte ich übrigens bekommen, weil ich eine Leistung erbracht, erarbeitet hatte. Wir reden hier von über 400 €, die die Justiz versuchte einzubehalten. Daraufhin habe ich Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts beim Oberlandesgericht eingelegt. Diese wurde ebenfalls aus formalen Gründen, ansonsten unbegründet abgelehnt: Meine Beschwerde sei nicht von einem Anwalt unterschrieben.

Für mich ist das eine staatliche, bandenmäßige, juristische Unterschlagung. Mehr kann ich dazu nicht sagen, außer dass ich allen Bescheidern mal solch eine Erfahrung wünsche, nicht an Geld zu kommen, für das man gearbeitet hat.

Innerlich habe ich mich schon von meinem Geld verabschiedet. Allerdings fördert solches Vorgehen nicht gerade meine Bereitschaft, hier in irgendeiner Form formal zu arbeiten. Lieber arbeite ich in der Kreativ-Werkstatt für das Projekt Wald&Wiese, da kann ich der Gesellschaft etwas Gutes tun bzw. kann zumindest irgendetwas zurückgeben. Es mag für Außenstehende vielleicht aussehen, dass ich mir mit dieser Haltung selbst schädige. Das ist jedoch nicht der Fall, zumindest empfinde ich es nicht so.

Die im Text erwähnten Lohnscheine und Atteste hat die Knast-Soligruppe eingesehen.

Massak hat übernommen – Sichteinkauf nicht mehr möglich und viele Nachteile

Wechsel des Anstaltskaufmanns in der JVA Rosdorf und die damit verbundenen gravierenden Änderungen für die Insassen!

Bericht von einem Sicherungsverwahrten

Corona hat auch hier maßgebliche Einschnitte im Anstaltsablauf, der Organisation, der Gefangenenbeschäftigung und den Vollzugsöffnenden Maßnahmen nach draußen verursacht. So wurde schon im Jahr 2020 der Sichteinkauf für die Gefangenen und die Sicherungsverwahrten eingestellt und auf einen Tüteneinkauf umgestellt!

Durch eine Petition, die die Sicherungsverwahrten erarbeiteten und dann zusammen mit den Strafgefangenen und Untersuchungsgefangenen unterschrieben einreichten bei dem Nds. Justizministerium und dem Anstaltsleiter der JVA Rosdorf konnte die bleibende Abschaffung des Sichteinkaufs zunächst noch einmal verhindert werden!

Doch nun sind seitdem zwei Jahre vergangen… Und ein altes Problem ist wiedergekehrt in einer noch nie dagewesenen Form: Denn nun ist die Firma Rewe, die seit Anbeginn der JVA hier den Einkauf für die Gefangenen angeboten hat und womit alle sehr zufrieden waren, gegen die Firma Massak ausgetauscht worden! Niemand wurde darüber informiert, selbst nicht die Firma Rewe, so sagte es diese uns auf Nachfrage. So schlecht wie jetzt war es sogar vor zwei Jahren nicht:

Nicht nur, dass die Insassen jetzt nicht mehr wie vorgesehen selbst in dem kleinen Einkaufsladen ihre Lebensmittel und alle anderen lebensnotwendigen Produkte ansehen können und so beim Nichtvorhandensein von Artikeln auf ein anderes Produkt ausweichen können. Denn Massak liefert für jeden eine fertig gepackte Kiste.

Mit dem Wechsel ist auch eine Reduzierung der zuvor angebotenen Artikel verbunden. Bei den nun von Massak angebotenen Artikeln gibt es Preissteigerungen von teils 50-100%. Das ist eine deutliche Erschwernis und offensichtlich allein für den Bereich Sicherungsverwahrung nicht mehr an den Lebensumständen in Freiheit orientiert – wie es der Gesetzgeber aber vorgibt. Der Fairness halber muss man sagen, dass es jetzt auch einige Artikel gibt, die deutlich billiger sind. Doch dieser Effekt hebt sich auf, da die teureren Artikel auch die sind, die notwendiger für die Selbstverpflegung von uns Sicherungsverwahrten sind!

Auch bei den Sonderbestellungen für uns Sicherungsverwahrte gibt es mit dem Wechsel zu Massak Probleme. Bisher war es möglich, mit Genehmigung der Vollzugsabteilung sämtliche Artikel, die die Firma Rewe selbst nicht im Bestand hat, von anderen Anbietern aus dem WorldWideWeb bestellen zu lassen. Dies ist über die Firma Massak nun nicht mehr möglich! Es gibt, so wie wir es jetzt sehen, nur einige Ausweichmöglichkeiten, die aber nicht alle Bereiche abdecken werden und können. Wir Sicherungsverwahrte können einmal im Monat draußen einkaufen gehen, in alle möglichen Lebens- und anderen Einkaufsläden. Jedoch gibt es in denjenigen Läden, die wir erreichen können, einige Artikel nicht zu kaufen. Die gibt es – wie alle wissen – nur in Onlineshops. Doch genau hier ist die Grenze, wo das Mögliche beschränkt wurde und nun aufhört.

Die Frage ist nun, wie es weitergehen kann, um den Bedarf von uns Sicherungsverwahrten abzudecken. Von Seiten der Abteilungsleitung kommt nur der Vorschlag, auf Einkaufe draußen auszuweichen. Doch macht man dies, wird im Nachgang dazu im Vollzugsplan geschrieben, dass man seine Vollzugsöffnenden Maßnahmen nur zum Konsumeinkauf nutze!


Ergänzend verweisen wir auf einen Hintergrundartikel vom 22.10.21,  nd
Der Preis der Tütensuppe

Ankommen in der SV Rosdorf

Nach seinem Ankommen in der JVA Rosdorf berichtet R. von seinen ersten Erfahrungen und Eindrücken.

Ich bin im Juli 2021 nach Kündigung einer 11-jährigen Sozialtherapie in Hannover in die SV-Abteilung Rosdorf verlegt worden. Trotz vollständiger Impfung bin ich unter Quarantäne genommen worden ein paar Tage. Als nächstes bekam ich einige Dinge nicht ausgehändigt, die ich zuvor in Hannover haben durfte (Tacker, Schneebesen – was klar eine Schlechterstellung gegenüber der Haft darstellt. Ich habe mir hier eine Single Kaffeemaschine mit Zeitschaltuhr bestellt und herschicken lassen, die wegen dieser Zeitschaltuhr aber nicht zugelassen ist. Es ist Paradox, da das TV-Gerät, die Musik-Anlage, die DVBT-Box, die Funkwecker, alle haben diese Zeitschaltuhr-Funktion. Es ist einfach nicht nachvollziehbar.

Dann habe ich versucht, meine Freistellungstage (Arbeitszwang nach §41 StVollzG, KSG), die ich in Hannover „erarbeitet“ habe, zu nehmen oder mir auszahlen zu lassen – was hier abgelehnt wurde, da ich hier keinem Betrieb angehöre. Das heißt, ich muss diesen mir zustehenden Anspruch einklagen. Was das Arbeitsangebot anbelangt, ist es sehr bescheiden und hier hat man einfach nicht nachgedacht. Es gibt hier in Rosdorf nur Unternehmerbetriebe, wo die Leute zumeist Pensumarbeiten erledigen. Handwerklich gibt es so gut wie nichts.

Wenn es um vollzugliche Sachen wie Lockerungen geht, ist die Handhabung sehr kurios, sie beziehen sich hier gerne auf die Stellungnahme der Voranstalt. Dies trifft oder besser gesagt gilt nicht für die Arbeit von der Voranstalt. Da habe ich durchweg positive Beurteilungen und selbst arbeiten ausgeführt, die wir Inhaftierten vom Gesetz her nicht machen durften. Das war schon immer so, wenn es dem Zweck der Anstalt dient, dann geht es in Ordnung. Aus Kosteneinsparungsgründen kann ich es nachvollziehen, aber nicht diese doppelte Moral.

Meine Beobachtungen sind, dass hier jeder für sich kämpft und manche auch Anschuldigungen erfinden, um sich so Vergünstigungen zu verschaffen. Das gab es schon immer das Denunziantentum, was für viel Unmut zeugt. Es ist einfach traurig und viele scheuen sich, für sich zu kämpfen. Sie haben aufgegeben und möchten sich nicht mehr dem ganzen Stress aussetzen. Es ist auch schwierig sich selbst zu motivieren, wenn z.B. kein Entlassungsdatum vorhanden ist.

Monatelang auf Sicherheitsstation wegen Lüge und verschleppter Aufklärung

M. aus der JVA Rosdorf berichtet:

Ich bin seit fast 13 Jahren in der JVA Rosdorf in Sicherungsverwahrung. Ich war wegen gefährlicher Körperverletzung zu zwei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Da ich in einer vorigen Strafhaftzeit einen Mitgefangenen geschlagen und gewürgt habe, wurde ich zu den zwei Jahren und neun Monaten zudem zu anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Sicherungsverwahrung heißt es: Der Untergebrachte ist schnellst möglich wieder in die Gesellschaft zu integrieren, die Fortdauer in der Unterbringung soll nur vollzogen werden, wenn es nicht anders möglich ist. Nach Ablauf von 10 Jahren ist noch mal sehr genau zu prüfen, ob eine weitere Unterbringung notwendig ist.

Leider sind das nur Worte ohne wirkliche Bedeutung, denn aus eigener Erfahrung kann sich sagen, dass ich in all den Jahren den Eindruck gewonnen habe, dass genau das Gegenteil praktiziert wird. In meinem Fall gibt es mittlerweile zwei Gutachten, in denen die Gutachter zu dem Ergebnis gekommen sind, dass es meinem Fall keine Gründe mehr gibt, die eine weitere Unterbringung in der Sicherungsverwahrung notwendig machen. Trotzdem bin ich noch hier.

Es ist aber nicht nur das Justizministerium, das gegen mich arbeitet, mich belügt, mich hinhält – und immer wieder Dinge tut wo ich denke, man will mich überhaupt nicht entlassen. Man tut eher alles dafür, dass ich so lange wie möglich eingesperrt bleibe. Es sind wiederholt auch Mituntergebrachte, die aus verschiedensten Gründen dafür sorgen wollen, dass ich, ein Anderer oder sonst jemand der nicht beliebt ist, weiter eingesperrt bleibt. Seit fast einem Jahr hatte ich einen guten, vertrauensvollen Kontakt zu einem anderen Untergebrachten. Aus Zufall habe ich erfahren, dass er mir zu dem Grund, warum er in der Sicherungsverwahrung ist, wiederholt nicht die Wahrheit gesagt hatte. Als ich ihn damit konfrontierte, wich er aus und ich sagte ihm, dass ich ab heute nichts mehr mit ihm zu tun haben will, da er mich in dieser für mich sehr wichtigen Sache belogen hatte. Dieser Untergebrachte beschuldigte mich daraufhin ein paar Tage später gegenüber dem Personal, dass ich ihn am Ende einer wirren Geschichte zu Sex gezwungen haben soll. Sofort wurde ich zur Aufklärung auf die Sicherheitsstation innerhalb der Sicherungsverwahrung verlegt. So eine Trennung kann grundsätzlich Sinn machen, um erstmal Schutz für jemanden herzustellen und Zeit zur Klärung zu haben. In meinem Fall nun aber bedeutet das: Ich war bereits in der Entlassungsvorbereitungsphase, aufgrund der Behauptungen ist nun alles zum Stehen gekommen. Vor allem aber bin ich nun schon fast fünf Monate auf der Sicherheitsstation! Mein Anwalt hat nachgefragt. Dabei ist rausgekommen, dass die Polizei wegen der Behauptung noch nicht mal die Ermittlungsakte fertiggestellt hat! An die Staatsanwaltschaft ist also noch nichts übergeben. Nach fünf Monaten! Dabei hatte ich mich sofort bereit erklärt, bei der Aufklärung mitzuwirken. Ich hatte auch gleich einen Hinweis gegeben, der mich sicher entlastet, weil er die Behauptungen des anderen Untergebrachten als Lüge entlarvt. Doch es tut sich nichts. Ich denke, die Aufklärung wird durch die Polizei und die Staatsanwaltschaft verschleppt. Jedenfalls kümmert es niemanden, dass ich monatelang grundlos auf einer Sicherheitsstation festgehalten werde und ich mit meinen Entlassungsvorbereitungen nicht weiter machen konnte und kann.

SV = Staatlich Versterben

Heute am 03.01.20 gegen 05.00 Uhr hat wieder ein Sicherungsverwahrter die Freiheit nicht wiedererlangen dürfen. Er verstarb in der JVA Meppen. Von 10 SVlern, welche hier auf ihren Tod warten, verstarben somit innerhalb des letzten halben Jahres drei Menschen. In der gesamten Zeit seit der Eröffnung des „Todestraktes“ vor 1,5 Jahren wurde hingegen kein SVler lebend entlassen. Im Nds. SV VollzG § 2.1 heißt es, „dass die Vollstreckung der Unterbringung möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt oder für erledigt erklärt werden kann.“ Was hingegen wirklich zelebriert wird, ist somit den Fakten zu entnehmen.
R.I.P. Roman

A.A.

Vergleich der SV-Abteilungen der JVAen Rosdorf und Meppen

Der Gefangene, welcher diesen Text verfasst hat, möchte lieber anonym bleiben, nennen wir ihn doch einfach Pascal.

Vorab: Zuerst habe ich als Sicherungsverwahrter einige Jahre in der JVA Rosdorf verbracht, seit einiger Zeit befinde ich mich nun in der JVA Meppen. Die Unterschiede sind deutlich, manche fallen aber erst auf den zweiten Blick auf.

Gleich bei der Ankunft in Meppen fiel mir auf, dass die JVA nicht, wie andernorts üblich, von einer Mauer umgeben ist, sondern nur von einem Metallzaun. Diese abgemliderte Form der Rundumsicherung steht, wie ich feststellen konnte, durchaus auch für den Umgang der Vollzugsbediensteten mit uns Svern, genauso, wie die Betonmauer der JVA Rosdorf sehr eindeutig den entsprechenden dortigen Umgang symbolisiert. Das Extrembeispiel ist ein bekennender Faschist unter den Rosdorfer Beamten, von dem mir Sprüche wie “Man müsste Euch alle ins Arbeitslager stecken” oder “Für Euch ist eine Kugel noch zu schade” noch deutlich im Ohr nachklingen. Derartige Ausfälle sind hier undenkbar. Die Meppener SV-Abteilung umfasst zehn Plätze (Rosdorf ca. 45), alles ist recht familiär gehalten. Das Personal hier versteht sich eher als Betreuungs-, denn als Wachpersonal und ist durchgehend freundlich und hilfsbereit, was ich von nur wenigen Rosdorfer Bediensteten sagen kann. Manch von jenen empfinden es als Unverschämtheit, wenn sie von einem Sver mit dessen Anliegen behelligt werden, während sie gerade Wichtigeres zu tun haben – etwa, im Internet zu surfen, doer Kaffee zu trinken. Auch sind die Rosdorfer Stationsbüros im Regelfalle mehrere Stunden am Tage unbesetzt – Kaffee trinkt sich eben am gemütlichsten dort, wo kein Sver stören kann. Derartige Zustände sind insbesondere im Hinblick auf die ach so außergewöhnliche Gefährlichkeit der Sver unhaltbar, in Meppen sind sie unvorstellbar. Hier istnahezu immer jemand erreich- und ansprechbar.

Geradezu lächerlich wären die Sicherheitsmaßnahmen im Falle von Ausführungen, auf die der Sver derzeit in Niedersachsen noch einmal pro Monat einen Rechtsanspruch hat, und inbesondere bei Vorführungen bpsw. Bei einem externen Arzt, wenn sie nicht zumindest teilweise den Rechten der Sver Hohn sprächen. In Rosdorf werden die Sver während ihrer ersten monatlichen Ausführungen grundsätzlich gefesselt ausgeführt, in eindeutig rechtswidriger Weise wird hier großzügig auf die pflichtgemäße Ermessensausübung verzichtet. Gleiches gilt bei Vorführungen (z.B. zum Krankenhaus in Göttingen oder zu einem niedergelassenen Arzt), wenn der vorzuführende Sver noch keine „richtigen“ Ausgänge, also nur Ausführungen, erhält. In diesen Fällen wird er oft sogar sichtbar, mit Bauchgurt und Handschellen, gefesselt, so dass er für andere Menschen, etwa im Wartezimmer, leicht als Inhaftierter erkennbar ist. Sicher muss ich nicht extra erwähnen, dass eine solche öffentliche Kennzeichnung und somit Stigmatisierung insbesondere von Sicherungsverwahrten verboten ist. Dieser Umstand interessiert die JVA Rosdorf anscheinend nicht. Anders in Meppen: Ich habe meine erste Ausführung hier erhalten und durfte mich von Anbeginn im Rahmen derselben ohne Fesselung frei in der Stadt bewegen. Die zwei Bediensteten, welche meine Ausführungen mit mir durchführen, sind gefühlt weit eher Begleiter als Aufpasser und lassen mir meine Bewegungsfreiheit. Auch hier sehe ich einen deutlichen Unterschied zum Rosdorfer modus operandi.

Die Einrichtung der Unterbringungsräume in Meppen ist geringfügig großzügiger als in Rosdorf, was aber nicht viel ausmachr. Wesentlicher erscheint mir, dass das Bad etwas größer und mit einer Fußbodenheizung ausgestattet ist. Hier ist alles ebenerdig, was vielleicht noch erwähnt werden sollte. Daszu kommt einmal in der Woche eine Reinigungskraft (!).

Wo viel Licht ist, findet sich auch Schatten, der fairerweise nicht verschwiegen werden darf. Dieser besteht großteils aus Unfertigkeiten, die JVA besitzt „erst“ seit ca. einem Jahr ihre SV-Abteilung und beim Staat dauert bekanntlich alles etwas länger. So können wir noch immer nicht angerufen werden, auch der in Rosdorf vorhandene PC fehlt noch. Auch fällt der höhere Bürokratie-Aufwand in Meppen auf. Kleinigigkeiten, wegen derer in Rosdorf bei Bedarf die Wohngruppenleitung anzusprechen ist, müssen in Meppen mitunter umständlich schriftlich beantragt werden. Hier besteht Verbesserungsbedarf.

Insgesamt stelle ich fest, dass der Sver in der JVA Meppen als Mensch gesehen wird, der mit den Bediensteten, vom „Schließer“ bis zum Anstaltsleiter, auf Augenhöhe steht. In der JVA Rosdorf empfand ich mich als ein zu verwaltendes Übel, ohne das der Vollzug für die Bediensteten viel weniger lästig wäre. Natürlich existieren in Rosdorf Ausnahmen, nur sind es leider auch solche. Dort wird der Sver in der Regel eher wie ein unmündiges Kind behandelt, von der gesetzlich vorgesehenen Freiheitsorientierung kann faktisch zudem keine Rede sein. Auch hier erkenne ich deutliche Unterschiede zur JVA Meppen. Auf den Punkt gebracht: Ich betrachte die Sicherungsverwahrung als menschenrechtswidrig, aber immerhin wird sie in Meppen mit viel gutem Willen, anständig und fair vollstreckt. In Rosdorf wird meiner Ansicht nach eher die sichere Verwahrlosung praktiziert, das aber erfolgreich!

Deutschland – Sicherungsverwahrung

Am 24.11.1933 wurde im Deutschen Reich unter den Nazis die Sicherungsverwahrung offiziell per Gesetz eingeführt. Sie hatte zu jener Zeit folgenden juristischen Inhalt:

Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung (Vom 24. November 1933)

§42f: „Die Dauer der Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt, der wiederholten Unterbringung in einem Arbeitshaus oder einem Asyl und der Sicherung ist an eine Frist gebunden. Die Frist beträgt bei der Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt und der Sicherungsverwahrung drei Jahre…“

Inzwischen ist die Sicherungsverwahrung in diesem Land jedoch unbegrenzt. Das heisst, dass sie bis zum Tode vollzogen werden kann. Auch wenn auf dem Papier damit kokettiert wird, „dass die Vollstreckung der Unterbringung möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt oder für erledigt erklärt werden kann.“, so ist es in der Realität anders. Mit allen Mitteln wird nicht nur durch die Vollzugsbehörden eben eine vorzeitige Entlassung (vor dem Tod!) durch Gewährung zu weiter Spielräume in der Praxis umgangen. Allein die Tatsache, dass die Nazis die Frist von 3 Jahren setzten und ein angeblicher Rechtsstaat nun die Menschen unbefristet wegsperrt, ist eine Phrase. Selbst der Unrechtsstaat DDR hat dieses Gesetz 1952, weil es von den Faschisten kam, wieder aus den Gesetzen herausgenommen. Unwillkürlich stellt sich dann auch die Frage, wer da menschlicher handelt! In den 1980ern war aufgrund einer geringen Zahl von Sicherungsverwahrten im Gespräch, das Gesetz wieder abzuschaffen. Dann jedoch erlebte das Relikt aus der Nazizeit durch die Schröderregierung in den 1990ern eine Renaissance. Wenn man schon immer, um angeblich zu warnen, auf die Schreckenstaten der Nazis hinweist, dann sollte man jedoch sich an deren Handeln nicht erweiternd orientieren. Fest steht, dass Sicherungsverwahrte ihre Strafe abgesessen haben. Egal wie man es sieht, sie sitzen danach für etwas, was noch gar nicht passiert, bzw. überhaupt nicht passieren wird, ein. Die kriminalpolitische Zielsetzung dieses Gesetzes und vor allem seine Anwendung in der strafgerichtlichen Praxis des Dritten Reiches ließen die Missbrauchsmöglichkeiten einer solchen schuldunabhängigen Maßregel deutlich werden. Und wie sehen die probaten Missbrauchsmöglichkeiten heute aus? Laut einer Studie eines bekannten Kriminologen der Uni Bochum, sowie anderer Studien von bekannten Professoren, müssten 9 von 10 Personen nicht in der Sicherungsverwahrung sitzen. Damit dürfte belegt sein, dass auch heute noch mit dem menschenverachtenden Instrument aus dem Dritten Reich, Menschen dem Missbrauch durch staatliche Gewalt ausgesetzt sind. Wie sagte Herr Dr. Schäuble beim Festakt zum Bestehen des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen gilt auch für Menschen, die einmal ein Straftat begangen haben“. Ich habe bis hin zum Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Todesstrafe gestellt, damit ich in Teilen die Würde für mich wieder bekomme. Es gab bei keiner der Instanzen eine Reaktion. Nun muss ich weiter auf den schnellen Tod hoffen, bzw. selbst beschleunigen, da schon der Artikel 1 des Grundgesetzes reine Utopie ist. Wie gut für diesen Staat, dass sie noch mit dem Finger auf andere Länder zeigen können…

A.A.