Provokation als Test auf Selbstkontrolle?

von: Frank Könitz, Gefangener der JVA Rosdorf, Sicherungsverwahrter

08.05.2019: Haftraumdurchsuchung
-> Entnahme eines zugelassenen Toasters
-> Gewürzlorbeer offenkundig extra im Haftraum verstreut
-> ein Thermometer, das seit 2015 am Schnürsenkel draußen am Gitter angebracht war, entfernt
-> Kartenschachtmissbrauch: Niemand auf der Station verwendet die Tür-Karte – seit Jahren war das üblich.

10.05.19: Anspruch auf Taschengeld
-> im März erhielt ich 83,00€ statt 119,00€ Taschengeld.

15.05.19: Verweigerung einer ärztlichen Empfehlung
-> Der Anstaltsarzt empfahl aus gesundheitlichen Gründen die Verlegung in einen anderen Haftraum. Dem wurde nicht entsprochen.
-> Der Anstaltsarzt empfahl eine Rotlichtlampe. Dem wurde nicht entsprochen.
-> Begründungslos wurde mir verboten, Uhren zu reparieren.

29.05.19: Besuchsverlegung
-> Mein Antrag auf eine heimatnahe Besuchsverlegung in die JVA Bremen-Oslebshausen wurde abgelehnt.

02.06.19: Grundlose Absage eines Ausgangs zum Einkauf
-> Sehr gefreut hatte ich mich auf den Ausgang zum Einkauf, was man mir wenige Tage zuvor mitteilte. Am Tag des Einkaufausgangs (02.06.19) wurde ohne Grund dieser Ausgang abgesagt.

04.06.19, 08:50 Uhr: Wiederholte Provokation durch einen Mitgefangenen
-> Der Mitgefangene, [Name von der Knast-Soligruppe entfernt], wurde mit einer Geldstrafe aufgrund meiner Strafanzeige wegen Beleidigung bestraft. Er spuckte mir vor die Füße. Um 11:45 Uhr sagte er:“ Oh, was tun mir die Augen weh, wenn ich Könitz sehe!“ Auf meine Beschwerde beim Personal wurde mir geantwortet, dass ich ihn provoziert hätte, was nicht zutrifft.

05.06.19: Verbot einer Schenkung
-> Der Mitgefangene, [Name von der Knast-Soligruppe entfernt], wollte mir eine Stereoanlage schenken. Das wurde ihm mit dem Argument verboten, sie sei zu alt und wertvoll, auch sei keine Fernbedienung vorhanden.

PM: Gefängnisarzt aus der JVA Rosdorf verpflichtet schwer verletzten Gefangenen zur Arbeit

Unsere Genoss_innen der Gefangenengewerkschaft/ Bundesweite Organisation (GG/BO) Soligruppe Jena haben gemeinsam mit einem Gefangenen der JVA Rosdorf eine Pressemitteilung geschrieben, die wir als Knast-Soligruppe Göttingen gerne mit euch teilen möchten !

GG/BO Soligruppe Jena: Der Gefangene aus der JVA Rosdorf, dessen Knie seit einem Sportunfall im November 2018 gemäß einem externen fachärztlichen Guachten schwer verletzt und trotzdem bis heute nicht behandelt worden ist, soll nun trotz anhaltender Verletzung und Schmerzen wieder arbeiten gehen. Das verfügte der Anstaltsarzt der JVA Rosdorf.

Seit über sieben Monaten leidet der Gefangene unter extremen Schmerzen. Er kann nur auf Krücken gehen und nimmt das harte Schmerzmittel Tilidin. Grund dafür ist eine schwere Verletzung des Knies: Er hat einen schweren Knorpelschaden, Mikrofrakturen (kleine Brüche) sowie Knochenabsplitterungen im Kniegelenk. Eine Behandlung, die wohl auf eine OP hinauslaufen würde, wird ihm bis heute verwehrt. Dies haben zwei von drei Anstaltsärzten so mit anschließender Reha-Maßnahme angezeigt; die entsprechenden ärztlichen Atteste liegen vor.

Nun hat der Anstaltsarzt verfügt, dass der Gefangene nur noch von ihm behandelt werden dürfe. Als dieser sich in der Sprechstunde vorstellig machte, zog der Arzt fünf Zeugen hinzu. Er begutachtete das Knie nicht und schaute sich auch die Akte nicht an, sondern erklärte kurzerhand, dass der Gefangene nicht mehr krankgeschrieben werde und zur Arbeit gehen solle. Nach § 38 des Niedersächsischen Justizvollzugsgesetzes unterliegen Gefangene der Arbeitspflicht. Eine Verweigerung der Arbeit wird bestraft.

Im Hintergrund laufen nach Anzeigen des Gefangenen Ermittlungsverfahren. Doch derartige Verfahren dauern in der Regel viel zu lange, als dass die Gefangenen ihre Rechte so durchsetzen könnten.

Als Solidaritätsgruppe Jena der Gefangenen-Gewerkschaft protestieren wir gegen diese grundsätzliche Verletzung der Gefangenenrechte – so heißt es doch in § 56 NJVollzG: „Die Vollzugsbehörde sorgt für die Gesundheit der oder des Gefangenen“ – und gegen die krasse Willkür des Arztes, der Anstalt und des Ministeriums. Wir rufen dazu auf, die Verantwortlichen zur Verantwortung zu ziehen. Schreibt sie an und unterstützt die Forderung nach sofortiger Freilassung des Gefangenen zwecks unverzüglicher Behandlung des schwerverletzten Knies:

Justizvollzugsanstalt Rosdorf
Am Großen Sieke 8
37124 Rosdorf
Telefon (0551) 99 73 30
Fax (0551) 99 73 31 70 5
E-Mail: JVROS-Poststelle@justiz.niedersachsen.de

Niedersächsisches Justizministerium
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Fax: 0511 / 120 5170
E-Mail: poststelle@mj.niedersachsen.de

Jena, 2. Juli 2019

Die von den einzelnen AutorInnen veröffentlichten Beiträge geben nicht die Meinung der gesamten GG/BO und ihrer Soligruppen wieder. Die GG/BO und ihre Soligruppen machen sich die Ansichten der AutorInnen nur insoweit zu eigen oder teilen diese, als dies ausdrücklich bei dem jeweiligen Text kenntlich gemacht ist.

 

Text im Original auf :

Gefängnisarzt aus der JVA Rosdorf verpflichtet schwer verletzten Gefangenen zur Arbeit

Deutsche Zelle

Dunkel wird’s in meinem Herzen,

wie auch hier in diesem Raum.

Keinem ist zum Scherz zu Mute,

gehalten hier im Zaum.

Fern von jeder Freude,

behaftet mit vielen Gedanken.

Trocknet aus das Leben mir

und das nur ohne Schranken.

A. A.

Arbeitsbedingungen in der JVA Rosdorf

In seinen Briefen aus der JVA beschreibt Sascha S. die Arbeitsbedingungen in der JVA in Rosdorf wie folgt:

„In den Unternehmerbetrieben, welche ausschließlich auf Pensumsarbeiten spezialisiert sind, werden u.a. Kugelschreiber oder Schraubendreher montiert, ‚Kackröhrchen‘ zusammengebaut, Bügelbrettbezüge genäht und verpackt sowie Schrauben in Kartons gepackt. Diese Betriebe bilden hier die Mehrzahl (ca. Kapazität für 200 Gefangene). Dazu gibt es einen schulischen Sektor, einen Integrationskurs für Ausländer und die Möglichkeit im Reinigungssektor und der Anstaltsküche ‚Helferzertifikate‘ zu erwerben.

Seit dem Anfang des Jahres besteht zudem – nach dem 10 Jährigen Bestehen der Anstalt! – die Möglichkeit eine Vollausbildung als ‚Lager und Logistiker‘ zu absolvieren. Ansonsten gibt es noch einige Stellen als Hausarbeiter, Küchenhilfe, Hausmaler, Fensterputzer, Kammergehilfe und Arbeiter für Hilfsarbeiten im Garten/Außenanlagenbereich zu besetzen. Diese sind in der Mehrzahl nur von ‚vertrauenswürdigen‘ Insassen besetzt und setzten eine Drogenfreiheit voraus, wobei letzterer Aspekt gerade in dieser Anstalt nicht so eng gesehen wird, da die Anstalt ein massives Drogenproblem hat.

Die durchschnittliche Entlohnung der Arbeiten liegt in den U-Betrieben (Unternehmerbetrieben) bei 30 – 120 Euro im Monat und in den anderen Betrieben bei ca. 120 Euro. Das ist damit erklärt, dass in den U-Betrieben aus Pensum – also vorgegebene Menge in vorgegebener Zeit – vergütet wird und in den übrigen Betrieben auf Zeitlohn. Auch muss erwähnt werden, dass der Gesamtbetrag höher ausfällt aber in bestimmte ‚Geldarten‘ aufgeteilt wird.

Ein Beispiel: Ein Gefangener verdient insgesamt 400 Euro. Dann würden 228,57 Euro auf das sog. Überbrückungsgeld eingezahlt werden, worüber der Gefangene aber nicht verfügen kann, sondern welches für die Zeit nach seiner Entlassung gedacht ist. (Und auch bei etwaigen Ansprüchen gegenüber Behörden bei deren Berechnungen bei z.B. Harz 4 auch mit einfließt.) Die Übrigen 171,43 Euro werden dem Hausgeldkonto gutgeschrieben über welches der Gefangene frei beim Anstaltskaufmann verfügen kann. Sollte der Mindestsatz des Ü-Geldes (Überbrückungsgeld) erreicht sein, welcher sich aus dem Berechnungen der jeweiligen Ansprüche errechnet (verheiratet, Anzahl der Kinder etc.) wird dieses Geld dem Eigengeldkonto zugeschrieben, von welchem der Gefangene z.B Versandhausbestellungen tätigen kann. (Über einen Beamten, der diese Bestellung bearbeitet.) Dieses aber auch nur, wenn gegen den Gefangenen keine Pfändungsansprüche bestehen, denn dann wird dieses Geld zu 100% den Gläubigern zugeteilt, da dieses Konto nicht dem Pfändungsschutz unterliegt.“

Sicherungsverwahrung in der JVA Rosdorf

Bernd (anonymisiert) sitzt nach siebenjährigem Strafvollzug nun schon seit vier Jahren als Erstverbüßer in Sicherungsverwahrung in der JVA Rosdorf (Zitate sind gekennzeichnet):

“Zu den Zuständen in der SV möchte ich gern einen kleinen Überblick geben, da außerhalb dieser Mauern sonst nur die offizielle und zum größten Teil der Realität widersprechende Propaganda der Anstaltsleitung zu erfahren ist. Was milde ausgedrückt ist, man kann auch von offenen Lügen sprechen.

Dass die SV jeglichen Menschenrechten Hohn Spricht, brauche ich an dieser Stelle sicher nicht zu erwähnen. Dass dann aber darüber hinaus geltendes ‘Recht’ im Kleinen wie im Großen nicht umgesetzt wird, der Vollzug absolut renitent auf die gesetzlichen Anforderungen reagiert und auf diese Weise die Sicherungsverwahrung nicht nur fast unendlich in die Länge gezogen wird, sondern dem SVer, der seine Strafe bekanntlich längst verbüßt hat und dementsprechend wenigstens in der SV, wenn sie schon nicht abgeschafft wird, ein Leben wie in Freiheit gewährt werden müsste, auch noch Schikanen nach Gutsherrenart auferlegt werden, spricht Bände darüber, wie viel bzw. wenig Bedeutung die Menschenrechte und deren Wahrung in der BRD haben.”

Den Gefangenen wird kein freier Zugang zu Medien gewährt, so darf kein eigener PC genutzt werden, der Internetzugang wird in erheblichem Maße durch den Hauptanbieter für Telekommunikationsdienstleistungen in Gefägnissen Telio zensiert und an ein eigenes Handy ist nicht zu denken. In der JVA Rosdorf gibt es lediglich sieben freigeschaltete Internetseiten, die desweiteren stark zensiert sind (z.B. kicker.de). Und selbst diese sieben Internetseiten sind erst auf Druck der Inhaftierten freigegeben worden.

Immer mehr “Privilegien” der Sicherungsverwahrten werden gestrichen. So dürfen seit September 2017 keine TV-Sendungen mehr aufgezeichnet werden, keine pornografischen DVDs/Bücher mehr besessen werden, Bargeld wurde – wie in der Strafhaft – durch Einkaufsgutscheine ersetzt und die den Sicherungsverwahrten zustehende Ausführungszeit wurde von 8 auf 2,5 Stunden im Monat reduziert.

“Es ist nicht mehr erkennbar, dass der vom BverfG (2 BvR 2365/09) in Ausführungen gesehen Zweck, nämlich die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung eines Bezugs zum realen Leben außerhalb der Anstalt, noch erfüllt werden kann. Die JVA hat zudem angekündigt, dass man ab 2020 nur noch ca. fünf bis zehn Minuten mit dem SVer vor die Anstaltspforte gehen werden, da damit der gesetzliche Auftrag erfüllt sei.”

Desweiteren wird Sicherungsverwahrten der Zugang zu Therapieplätzen erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht. Auch hier zeigt sich kein Interesse der Anstaltsleitung an einer “Besserung”, gar einer Resozialisierung der Inhaftierten.