Beobachtungen im Strafvollzug – Essen im Knast

Aus dem niedersächsischen Srafvollzug erreichte uns dieser anonyme Bericht über die Ernährungssituation. Für fast 18 Monate gab es dort einen neuen Knast-Koch als Verantwortlichen am Herd, der für eine Verbesserung der Ernährungslage in der JVA gesorgt hatte. Dieser hat sich aufgrund von Anfeindungen und Schikanen des Knastpersonals ihm gegenüber jedoch wieder verlegen lassen, woraufhin die Situation nun wieder gewohnt schlecht ist. Ein spannender Einblick in die Verhältnisse hinter Gittern:

Undank ist des Knastes Lohn – Die ernüchternde Bilanz eines Knast-Kochs : ausgebeutet, manipuliert und abserviert

Dass gutes Essen auch die Psyche beeinflusst, ist nachhaltig in Studien bewiesen. „Du bist, was du isst“ hat sich im Rahmen von Studien, auch im Strafvollzug, bestätigt. Es legt zudem in Gänze dar, dass sich die Aggressivität der Inhaftierten in den Haftanstalten auch durch gute Ernährung deutlich reduzierte.

Die Gesellschaft für Ernährung gibt bekanntlich vor, dass jeder Mensch täglich bis zu 5 Mahlzeiten an frischem Obst und Gemüse verzehren sollte. Das sollte auch für den Knast gelten, denn es wird ja von der Justiz im Rahmen der Resozialisierung immer wieder vorgegeben, dass man sich auf die Gesellschaft in Eigenverantwortung auch in Punkto gesunder Lebensführung vorbereiten soll.

Leider ist der Haftalltag stattdessen mehr von alltäglichen Enttäuschungen behaftet. Das wird dadurch deutlich, dass das Essen vielfach unangerührt zurückwandert und in der Futtertonne landet. Die Eintönigkeit ist kaum definierbar, man kann darlegen, dass sich der Futterplan alle spätestens 4 Wochen dreht. Kulinarische Highlights sind unter anderem Milchreis, Sojanka (nach original DDR Rezept, aufgrund von Resteverwertung), Calenberger Pfannenschlag, Tiefkühl Kartoffelpuffer etc. Es müsste jeden Koch in Leitung zu denken geben, wenn das Essen unangerührt zurück kommt.

Für fast 18 Monate hatten wir hier einen neuen Knast-Koch als Verantwortlichen am Herd.

Es war schon fast ein Wunder, dass es ihm gelang, die verkrusteten Strukturen der Behördenabläufe aufzubrechen. Das Essen wurde merklich besser und viele neue Dinge gelangten nach vielen anfänglichen Widerständen auf den Tisch. Natürlich blieb man, wie auch in anderen Knästen, mit der Versorgung mit Obst und Gemüse deutlich unterversorgt. Was auch nachweislich an den Verantwortlichen ProtagonistInnen der BehördenmitarbeiterInnen lag. Es ist immer wieder befremdlich, dass Küchenpersonal, rekrutiert aus völlig anderen Berufen, das Zünglein an der Waage abgibt. Aussagen wie „die sollen hier Spüren, dass die hier im Knast sind“, sprechen eindeutige Sprache.

Der Strafvollzug ist in der totalitären Struktur ohnehin ein Zugmagnet für ehemaligen DDR-Bürger, die die damaligen gebotenen, klar strukturierten Abläufe der Gesellschaft offensichtlich vermissen. Für den Strafvollzug sind „Kinder oder Enkel“ mit „DDR Prägephase“ ein klarer Gewinn. Die Gleichschaltung mit der schwarz/weiß Denke „wer nicht für uns ist, ist gegen uns“ ist nach wie vor herzlich willkommen.

Der neue Knast-Koch konnte schon auf seinen umfänglichen Erfahrungsschatz durch eine On-Off-Beziehung als Knast-Koch zurück blicken. Seine Arbeit wurde in vielen Haftanstalten in höchsten Tönen gelobt. Und das führte auch zur Besetzung seiner Position. Der Koch, schon Rentner, konnte aufgrund seiner Haftzeit nur auf eine kleine Rente zurückgreifen. Denn Rentenversicherung verwehrt das Knast-System Inhaftierten beharrlich. Um der Zahlung von Haft-Kosten zu entrinnen und um auch durch seine Arbeit fit zu bleiben, arbeitete er in der Regel 7 Tage in der Woche im Knast, um den Laden am laufen zu lassen. Als nun Arbeiter bekam er hier den Knast-Lohn und konnte seine kleine Rente ansparen, um seiner Zeit nach der Haft nicht Mittellos entgegenzutreten.

Bedingt durch die Corona-Pandemie, verzichtete der „Knastsenior“ auf seinen 20 Tage Urlaubsanspruch. Vermeintliche SozialarbeiterInnen, MitgliederInnen der Abt. Sicherheit, der Anstaltsleiter, gaben sich die Klinke in die Hand und erbettelten seine Arbeitskraft und er ließ sich auch aus seiner eigenen Verantwortung gegenüber den Inhaftierten breitschlagen durchzuarbeiten.

Augenscheinlich war aber auch zu beobachten, wie sehr die Anstrengungen des auch chronisch kranken Kochs an seiner Substanz nagten. Mehrfach spielte sein Herz verrückt. Durch die neuerlichen Feinvergitterungen der Fenster rang er stets nach Luft an heißen Tagen. Ein Aufstieg bis in die dritte Etage ohne ausreichender Belüftung, war ein regelrechter Kraftakt.

Nach nicht nur seinen Angaben, besticht diese Knastküche hier durch totale Strukturlosigkeit. Nach all den Jahren Knast hätte der 1. Koch eine derartige Inkompetenz wohl noch nicht erlebt. Wie schon in der freien Wirtschaft, ist man schon als Angestellter schlecht damit beraten, wenn man mehr Ahnung wie der Chef hat. Ein guter Chef würdigt bekanntlich die Arbeitskraft seiner Mitarbeiter, aber davon können die Inhaftierten in Haft nur träumen! Wenn die Inkompetenz am Ruder ist, ist das Chaos vorprogrammiert. Wenn einem dazu noch alltäglich das Ruder aus der Hand genommen wird, ist es nachvollziehbar, dass man eigenständig seine innere Kündigung vollzieht. Die ganze Knastarbeit gleicht ja ohnehin mehr einer Arbeitstherapie in der manche nur ihre Zeit totschlagen und die Mithelfer sich wie im Kindergarten verhalten und das Knastpersonal bespaßen.

Im Fall des 1. Kochs war es nicht schwer, mit Kusshand wurde er in einer anderen Haftanstalt genommen und fühlt sich dort nach eigenen Darstellungen wieder wohl.

Für uns hinterbliebenen sind nun wieder dunkle Wolken aufgezogen, der Nachfolger ist nun völlig schmerzfrei, kippt alles in die Töpfe und freut sich über ein paar Streicheleinheiten seiner WärterInnen. Seine Qualifikation ist eine „Lehre“, welche er hier im Knast absolviert hat. Wie die Prüfung bestanden wurde ist allen ein nachhaltiges Rätsel. Ab sofort werden alle Wünsche des Knastes blindlings umgesetzt, mag der Knastdirektor kein Knoblauch, heißt es faktisch für alle kein Knoblauch! Herr Anstaltsleiter möchte das Original Essen der Inhaftierten „kosten“. Als Militär der Bundeswehr, hat dieser offensichtlich keine hohen kulinarischen Ansprüche, anders wohl denkt jener wohl auch daran, dass ihm das Lob des Ministeriums sicher ist, denn als „Sparhans“ ist er da gern gesehen.

Es liegt einfach am System Knast, dass nur Marionetten in Ihrer Gefügigkeit und Unterwürfigkeit im Gegenzug die Rolle ihres Lebens hier im Knast finden werden.

Der neue Knastkoch hier hatte ja draußen nicht einen Tag einen Löffel in Anstellung/Selbstständigkeit herumgerührt. Nun wird uns das weiter zugemutet, mit Wohlwollen des Knastes!

Vom Knastsenior, hatte sich keiner der ehemaligen Entscheidungsträger verabschiedet. Nachdem er seine Verlegung auch zum Selbstschutz beantragt hatte ist er nachdrücklich in Ungnade gefallen. Der Gipfel der Niederträchtigkeit war es dann auch noch, dass er trotz seiner Krankheit in den maroden verdreckten Block des „Transporterhauses“ verlegt wurde. Erstmalig auch wohl um 16 Uhr. Üblich ist in der Regel zumeist 18-19 Uhr. Musterinhaftierten wurde gar ermöglicht, das sie auch früh vom Stammhaus verlegt werden. Alles das macht einfach nur betroffen, welch einen Undank man hier ertragen muss, alles ist klar auf Demütigung ausgerichtet! Der neue experimentiert nun für seine nächste Etappe in der Forensik. Dort wird er sicher von den Pflegern gelobt werden?

Damit soll hier dann mal Ende sein, fortan heißt es hier mit spitzem Bleistift rechnen und das Taschengeld für gutes Essen per Einkauf gestalten. Leider kann man im Knast keine Selbstversorgung einfordern, das würde sicher eine Vielzahl der Inhaftierten in Anspruch nehmen…

Mfg., Anonym, 18.08.2021