Sicherungsverwahrung in der JVA Rosdorf

Bernd (anonymisiert) sitzt nach siebenjährigem Strafvollzug nun schon seit vier Jahren als Erstverbüßer in Sicherungsverwahrung in der JVA Rosdorf (Zitate sind gekennzeichnet):

“Zu den Zuständen in der SV möchte ich gern einen kleinen Überblick geben, da außerhalb dieser Mauern sonst nur die offizielle und zum größten Teil der Realität widersprechende Propaganda der Anstaltsleitung zu erfahren ist. Was milde ausgedrückt ist, man kann auch von offenen Lügen sprechen.

Dass die SV jeglichen Menschenrechten Hohn Spricht, brauche ich an dieser Stelle sicher nicht zu erwähnen. Dass dann aber darüber hinaus geltendes ‘Recht’ im Kleinen wie im Großen nicht umgesetzt wird, der Vollzug absolut renitent auf die gesetzlichen Anforderungen reagiert und auf diese Weise die Sicherungsverwahrung nicht nur fast unendlich in die Länge gezogen wird, sondern dem SVer, der seine Strafe bekanntlich längst verbüßt hat und dementsprechend wenigstens in der SV, wenn sie schon nicht abgeschafft wird, ein Leben wie in Freiheit gewährt werden müsste, auch noch Schikanen nach Gutsherrenart auferlegt werden, spricht Bände darüber, wie viel bzw. wenig Bedeutung die Menschenrechte und deren Wahrung in der BRD haben.”

Den Gefangenen wird kein freier Zugang zu Medien gewährt, so darf kein eigener PC genutzt werden, der Internetzugang wird in erheblichem Maße durch den Hauptanbieter für Telekommunikationsdienstleistungen in Gefägnissen Telio zensiert und an ein eigenes Handy ist nicht zu denken. In der JVA Rosdorf gibt es lediglich sieben freigeschaltete Internetseiten, die desweiteren stark zensiert sind (z.B. kicker.de). Und selbst diese sieben Internetseiten sind erst auf Druck der Inhaftierten freigegeben worden.

Immer mehr “Privilegien” der Sicherungsverwahrten werden gestrichen. So dürfen seit September 2017 keine TV-Sendungen mehr aufgezeichnet werden, keine pornografischen DVDs/Bücher mehr besessen werden, Bargeld wurde – wie in der Strafhaft – durch Einkaufsgutscheine ersetzt und die den Sicherungsverwahrten zustehende Ausführungszeit wurde von 8 auf 2,5 Stunden im Monat reduziert.

“Es ist nicht mehr erkennbar, dass der vom BverfG (2 BvR 2365/09) in Ausführungen gesehen Zweck, nämlich die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung eines Bezugs zum realen Leben außerhalb der Anstalt, noch erfüllt werden kann. Die JVA hat zudem angekündigt, dass man ab 2020 nur noch ca. fünf bis zehn Minuten mit dem SVer vor die Anstaltspforte gehen werden, da damit der gesetzliche Auftrag erfüllt sei.”

Desweiteren wird Sicherungsverwahrten der Zugang zu Therapieplätzen erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht. Auch hier zeigt sich kein Interesse der Anstaltsleitung an einer “Besserung”, gar einer Resozialisierung der Inhaftierten.

Begrüßung zur Kundgebung „Silvester zum Knast“

Liebe Leute,
wir beginnen jetzt mit unserer Kundgebung „Silvester zum Knast“.

Warum sind wir hier, an der JVA Rosdorf?

Wie Ihr wisst, haben wir uns in den letzten Monaten in Göttingen wieder einmal mit dem Thema Knast beschäftigt. In verschiedenen Veranstaltungen ging es um die Funktion von Knästen als Teil eines kontrollierenden, repressiven Staates. Knäste sichern die Privilegien der Eliten ab. Knäste sind die harte und verlogene Antwort der herrschenden Klasse auf die sozialen Probleme der Menschen, meist gegen jene, die in Armut, mit unsicherem Aufenthaltsstatus oder als Ausgestoßene leben müssen. Wie zur Bestätigung erklärte die Knast-Leitung der JVA Rosdorf im November 2017, dass es in den letzten Jahren immer mehr Menschen gibt, die hier wegen Freiheitsstrafen von unter einem Jahr gefangen gehalten werden. Viele von ihnen wären wegen Drogendelikten oder Diebstählen verurteilt. Manche Gefangene könnten schlicht ihre Geldstrafe nicht bezahlen und sitzen stattdessen eine Ersatzfreiheitsstrafe ab.

Vor allem aber haben wir bei unseren Veranstaltungen Erzählungen gehört. Erzählungen von Menschen, die für einige Monate, aber auch viele Jahre im Knast gesessen haben und das überlebt haben. Und wir haben Berichte von Menschen gehört, die mit großer Ausdauer und viel Kraft Gefangene unterstützt haben und das noch weiter machen. Alle haben deutlich gemacht, wie wichtig es ist, die Menschen in den Knästen und ihre Auseinandersetzungen für bessere Lebensbedingungen nicht zu vergessen. „Begrüßung zur Kundgebung „Silvester zum Knast““ weiterlesen

Aufruf: Silvester zum Knast

Kundgebung an der JVA Rosdorf am 31.12.18

Treffpunkt zur gemeinsamen Anreise mit Fahrrädern:
14:00 Uhr OM10 (Obere-Masch-Straße 10)

Die Funktionen von Gefängnissen reichen seit Langem weit über ihre eigenen Mauern hinaus. Repressions- und soziale Kontrollmaßnahmen funktionieren auch als ewiger Angstzustand, in dem Menschen durch Lähmung, Angst und Furcht nur noch gehorchen. Knäste sind die harte und verlogene Antwort der Herrschenden auf die sozialen Probleme der Menschen, meist gegen jene, die in Armut, mit unsicherem Aufenthaltsstatus oder als Ausgestoßene leben müssen. Denn die Herrschenden selbst sind so gut wie nie vom Gefängnis betroffen.
Dieses System mit seinen Strafgesetzen lässt die Stärkeren gewinnen, weil sie die Regeln machen und durchsetzen können. Knäste und Strafmaßnahmen sind die härtesten legalen Mittel des Staates politischen Widerstand und wirtschaftliche Verlierer*innen dieses Systems zu bekämpfen. Mit Beton, Gittern und Arbeitspflicht werden die Gefangenen gleichzeitig weggesperrt und ausgebeutet.

Das Leben in den Gefängnissen ist geprägt durch Schikanen gegen Gefangene, aber auch durch den Widerstand der Gefangenen dagegen. z.B. gegen die schlechte Essensversorgung, die sehr teuren Lebensmittel, Zigaretten und Telfonkarten von privaten Firmen, gegen Zwangsmaßnahmen wie Isolationshaft, gewalttätige Aufseher*innen oder gegen die anhaltende Zensur und Beschlagnahmung von Post. Ihr Widerstand macht klar, dass sie für ihre Interessen eintreten und
sich nicht jede Maßnahme seitens der Justizvollzugsbehörden gefallen lassen.
In Deutschland gibt es rund 64.000 Gefangene in Justizvollzugsanstalten – die meisten von ihnen sind verpflichtet zu arbeiten. Angeblich soll das der Resozialisierung dienen, aber die Arbeit von Gefangenen ist vor allem ein gutes Geschäft. Durchschnittlich arbeiten die meisten für ein bis zwei Euro die Stunde – kein Mindestlohn, ohne Renten- und Krankenversicherung, ohne anerkannte Gewerkschaften. „Aufruf: Silvester zum Knast“ weiterlesen