Kundgebung Silvester zum Knast 2019 – Begrüßung

(Fotos: flickr.com/photos/linksuntengoe/albums/72157712447319242)

Wir begrüßen euch drinnen und euch hier draußen zu unserer Silvesterkundgebung 2019. Wir freuen uns, dass ihr an den Fenstern seid und dass so viele Menschen aus Göttingen heute Nachmittag mit hierher zur JVA Rosdorf gekommen sind.

Wir finden: Die Institution Gefängnis ist grundsätzlich menschenfeindlich. Knäste stehen für Strafe, soziale Isolation, physische und psychische Belastungen, Macht und Kontrolle. Sie stehen für die Fortsetzung von Gewalt und mit der Zwangsarbeit auch für zugespitzte Ausbeutung. Knäste festigen die Position von Eliten. Knäste bedrohen und bestrafen Menschen, die mit sozialen Problemen wie Armut, existenzieller Angst oder Ausgeschlossen-Sein leben müssen und sich dagegen wehren. Tatsächlich gibt es in den letzten Jahren immer mehr Menschen, die in der JVA-Rosdorf wegen Freiheitsstrafen von unter einem Jahr gefangen gehalten werden. Viele von ihnen sind wegen Drogendelikten oder Diebstählen verurteilt. Manche Gefangene können schlicht ihre Geldstrafe nicht bezahlen und sitzen stattdessen eine Ersatzfreiheitsstrafe ab.

Strafe und Gefängnisse stehen dem Ziel einer emanzipatorischen Gesellschaft entgegen. Sie gehören abgeschafft. Die Taten einzelner Gefangener legitimieren wir damit nicht. Aber wir solidarisieren uns mit denjenigen Gefangenen, die mit uns gemeinsam auf der Suche nach einem guten Leben für Alle sind!

Ihr drinnen wisst es: Im Knast herrscht durch Justiz und Anstaltsleitung ein System von Fremdkontrolle, Willkür und Vereinzelung. Die naheliegenden Wege für euch, sich zu wehren, sind daher zunächst individuell: Einige von euch schreiben formale Beschwerden oder Anzeigen direkt an das Gericht. Doch falls ihr auf diese Weise Zugeständnisse erringt, kommen diese euren Mitgefangenen in der Regel nicht zu Gute. Denn die Gerichte verzichten gerne auf Urteile und treffen mit der Knastleitung unterhalb der Rechtsprechung nur individuell gültige Absprachen. Einige von euch wehren sich auch durch Verweigerungen: Verweigerung der Arbeit, Verweigerung des Arztbesuchs, Verweigerung Deals anzunehmen. Und klar findet im Knast auch gegenseitige Unterstützung statt: Z.B. beim Verfassen von Anträgen und Beschwerden oder einfach beim Teilen von Kleinigkeiten, die den Alltag erleichtern. Vor ein paar Jahren gab es auch einen gemeinschaftlichen Hungerstreik.
Grundsätzlich ist es bei euch drinnen genauso wie bei uns hier draußen: Wenn wir die Vereinzelung durchbrechen und uns zusammentun, sind wir Viele und können mehr für uns Alle erreichen!

Nun noch ein paar kurze Sätze zu uns, der Knast-Soligruppe: Seit der Silvesterkundgebung vor einem Jahr haben uns erfreulich viele von euch Gefangenen geschrieben. Mit den meisten sind wir noch im Briefkontakt. Auch zum 1. Mai haben wir uns hier zu einer Kundgebung getroffen und insbesondere die Zwangsarbeit im Knast kritisiert. Wie angekündigt haben wir im Internet einen Blog eingerichtet. Dort sind unter der Rubrik „Nach draußen!“ bereits etliche Beiträge von euch Gefangenen. Wenn ihr uns schreibt, werden wir auf jeden Fall weiter auf unserem Blog über die Zustände im Knast und eure Auseinandersetzungen mit dem Knastsystem berichten. Wir haben auch angefangen uns mit der Frage zu beschäftigen, wie eine Gesellschaft ohne Knäste aussehen könnte. Mit einzelnen von euch sind wir dazu im Austausch. Klar, das Projekt Gesellschaft ohne Knäste kann wird nur gelingen, wenn z.B. auch das Patriarchat überwunden wird und Ausgrenzung und Ausbeutung beendet werden. Doch welche gesellschaftlichen Alternativen zu Strafe könnte es für einen verantwortungsvollen Umgang im Falle von Gewalthandlungen geben? Wie können Betroffene nach erfahrener Gewalt geschützt und gestärkt werden? Wie müssten Angebote für Täter*innen aussehen, damit sie innerhalb eines solchen Rahmens Unterstützung für eine Lebensführung ohne Gewalt erhalten können? Wir haben auf diese und andere Fragen noch keine zufriedenstellenden Antworten. Denn letztlich müssen die Antworten in gemeinsamer emanzipatorischer Praxis und sozialen Kämpfen gefunden und umgesetzt werden. Wir wollen und werden dabei sein!

Für eine Gesellschaft ohne Knäste!

Vergleich der SV-Abteilungen der JVAen Rosdorf und Meppen

Der Gefangene, welcher diesen Text verfasst hat, möchte lieber anonym bleiben, nennen wir ihn doch einfach Pascal.

Vorab: Zuerst habe ich als Sicherungsverwahrter einige Jahre in der JVA Rosdorf verbracht, seit einiger Zeit befinde ich mich nun in der JVA Meppen. Die Unterschiede sind deutlich, manche fallen aber erst auf den zweiten Blick auf.

Gleich bei der Ankunft in Meppen fiel mir auf, dass die JVA nicht, wie andernorts üblich, von einer Mauer umgeben ist, sondern nur von einem Metallzaun. Diese abgemliderte Form der Rundumsicherung steht, wie ich feststellen konnte, durchaus auch für den Umgang der Vollzugsbediensteten mit uns Svern, genauso, wie die Betonmauer der JVA Rosdorf sehr eindeutig den entsprechenden dortigen Umgang symbolisiert. Das Extrembeispiel ist ein bekennender Faschist unter den Rosdorfer Beamten, von dem mir Sprüche wie “Man müsste Euch alle ins Arbeitslager stecken” oder “Für Euch ist eine Kugel noch zu schade” noch deutlich im Ohr nachklingen. Derartige Ausfälle sind hier undenkbar. Die Meppener SV-Abteilung umfasst zehn Plätze (Rosdorf ca. 45), alles ist recht familiär gehalten. Das Personal hier versteht sich eher als Betreuungs-, denn als Wachpersonal und ist durchgehend freundlich und hilfsbereit, was ich von nur wenigen Rosdorfer Bediensteten sagen kann. Manch von jenen empfinden es als Unverschämtheit, wenn sie von einem Sver mit dessen Anliegen behelligt werden, während sie gerade Wichtigeres zu tun haben – etwa, im Internet zu surfen, doer Kaffee zu trinken. Auch sind die Rosdorfer Stationsbüros im Regelfalle mehrere Stunden am Tage unbesetzt – Kaffee trinkt sich eben am gemütlichsten dort, wo kein Sver stören kann. Derartige Zustände sind insbesondere im Hinblick auf die ach so außergewöhnliche Gefährlichkeit der Sver unhaltbar, in Meppen sind sie unvorstellbar. Hier istnahezu immer jemand erreich- und ansprechbar.

Geradezu lächerlich wären die Sicherheitsmaßnahmen im Falle von Ausführungen, auf die der Sver derzeit in Niedersachsen noch einmal pro Monat einen Rechtsanspruch hat, und inbesondere bei Vorführungen bpsw. Bei einem externen Arzt, wenn sie nicht zumindest teilweise den Rechten der Sver Hohn sprächen. In Rosdorf werden die Sver während ihrer ersten monatlichen Ausführungen grundsätzlich gefesselt ausgeführt, in eindeutig rechtswidriger Weise wird hier großzügig auf die pflichtgemäße Ermessensausübung verzichtet. Gleiches gilt bei Vorführungen (z.B. zum Krankenhaus in Göttingen oder zu einem niedergelassenen Arzt), wenn der vorzuführende Sver noch keine „richtigen“ Ausgänge, also nur Ausführungen, erhält. In diesen Fällen wird er oft sogar sichtbar, mit Bauchgurt und Handschellen, gefesselt, so dass er für andere Menschen, etwa im Wartezimmer, leicht als Inhaftierter erkennbar ist. Sicher muss ich nicht extra erwähnen, dass eine solche öffentliche Kennzeichnung und somit Stigmatisierung insbesondere von Sicherungsverwahrten verboten ist. Dieser Umstand interessiert die JVA Rosdorf anscheinend nicht. Anders in Meppen: Ich habe meine erste Ausführung hier erhalten und durfte mich von Anbeginn im Rahmen derselben ohne Fesselung frei in der Stadt bewegen. Die zwei Bediensteten, welche meine Ausführungen mit mir durchführen, sind gefühlt weit eher Begleiter als Aufpasser und lassen mir meine Bewegungsfreiheit. Auch hier sehe ich einen deutlichen Unterschied zum Rosdorfer modus operandi.

Die Einrichtung der Unterbringungsräume in Meppen ist geringfügig großzügiger als in Rosdorf, was aber nicht viel ausmachr. Wesentlicher erscheint mir, dass das Bad etwas größer und mit einer Fußbodenheizung ausgestattet ist. Hier ist alles ebenerdig, was vielleicht noch erwähnt werden sollte. Daszu kommt einmal in der Woche eine Reinigungskraft (!).

Wo viel Licht ist, findet sich auch Schatten, der fairerweise nicht verschwiegen werden darf. Dieser besteht großteils aus Unfertigkeiten, die JVA besitzt „erst“ seit ca. einem Jahr ihre SV-Abteilung und beim Staat dauert bekanntlich alles etwas länger. So können wir noch immer nicht angerufen werden, auch der in Rosdorf vorhandene PC fehlt noch. Auch fällt der höhere Bürokratie-Aufwand in Meppen auf. Kleinigigkeiten, wegen derer in Rosdorf bei Bedarf die Wohngruppenleitung anzusprechen ist, müssen in Meppen mitunter umständlich schriftlich beantragt werden. Hier besteht Verbesserungsbedarf.

Insgesamt stelle ich fest, dass der Sver in der JVA Meppen als Mensch gesehen wird, der mit den Bediensteten, vom „Schließer“ bis zum Anstaltsleiter, auf Augenhöhe steht. In der JVA Rosdorf empfand ich mich als ein zu verwaltendes Übel, ohne das der Vollzug für die Bediensteten viel weniger lästig wäre. Natürlich existieren in Rosdorf Ausnahmen, nur sind es leider auch solche. Dort wird der Sver in der Regel eher wie ein unmündiges Kind behandelt, von der gesetzlich vorgesehenen Freiheitsorientierung kann faktisch zudem keine Rede sein. Auch hier erkenne ich deutliche Unterschiede zur JVA Meppen. Auf den Punkt gebracht: Ich betrachte die Sicherungsverwahrung als menschenrechtswidrig, aber immerhin wird sie in Meppen mit viel gutem Willen, anständig und fair vollstreckt. In Rosdorf wird meiner Ansicht nach eher die sichere Verwahrlosung praktiziert, das aber erfolgreich!

Brief an das Bundesverfassungsgericht

Ein Gefangener hat uns gebeten, den nachfolgenden Brief an das Bundesverfassungsgericht zu veröffentlichen. In dem Brief macht er auf willkürliche Repression gegen ihn aufmerksam.

 

                                                                                                                                                                        Rosdorf, den 10.06.19

An:

Bundesverfassungsgericht

z. Hd. Herrn Richter Müller

Schlossbezirk 3

76131 Karlsruhe

Betr.: Verfassungsbeschwerde 2 BvR 1688/18

Sehr geehrter Herr Richter Müller.

Leider blieb mein Schreiben vom 17.03.19 an Sie unbeantwortet. Vielleicht erinnern Sie sich jedoch noch daran, dass ich Ihnen unter den Punkten 2a bis 2d folgendes mitgeteilt hatte.

a.) Dass man mir 3x mein gesamtes Eigentum, Wert: über 200.000,- Euro stehlen durfte. Weder erfolgte eine Verfolgung der Täter, noch wurde mein Schaden beglichen.

b.) Bei einem öffentlichen Aufruf zum Mord gegen mich wurden gar nicht erst Ermittlungen aufgenommen.

c.) Ich saß unschuldig 8 Monate in Haft. Zwar habe ich dann einen Freispruch aus tatsächlichen Gründen erhalten. Jedoch kann man mir zum einen die Zeit nicht wieder geben und zum anderen habe ich nie die im Urteil zugesicherte Entschädigung bekommen.

d.) Bei meiner jetzigen Inhaftierung sagte der Haftrichter: „Wenn es überhaupt passiert ist, ½ Jahr oder Geldstrafe.“ Inzwischen sitze ich über 15 ½ Jahre, nämlich das 31fache der Zeit ein. Und das zudem unter einem Gesetz, welches noch von den Nazis stammt (24.11.1933). Ein Ende ist nicht in Aussicht, sofern ich nicht wie gewünscht bald versterbe.

In meiner jetzigen Sache machte auch eine „Zeugin“ erneut eine Aussage. Sie hat bei meiner zu Unrecht einsitzenden U-Haft (siehe Punkt c.) ebenfalls eine gewünschte Aussage gemacht. Hier ist in der Ermittlungsakte aus ihrer Vernehmung am 22.03.2004 vor 2 Staatsanwälten folgendes zu lesen: „Auf Nachfrage: Der Inhalt der Aussage war mit der Polizei als ‚frei erfunden‘ abgesprochen.“ Das heißt nach alledem, dass ich nicht nur in diesem Land ein Freiwild bin und verfolgt werde, sondern dass auch die Justiz sich daran beteiligt. Bis zu dem Zeitpunkt kannte ich ein derartiges Verhalten in diesem Land nur aus Geschichtsbüchern. Da sich auch mehrere Journalisten für meinen Fall interessieren, aufgrund dessen das sie von meinen Schreiben immer eine Kopie erhalten haben, würden sie gerne darüber berichten. Was ich persönlich sehr löblich finde, da man auch im Ausland sehen soll, dass dieser Staat immer noch Menschen verfolgt.

Sollte ich bis zum 25.06.2019 von Ihnen keine anderslautende Nachricht erhalten, gehe ich davon aus, dass ich die Schriftstücke mit Ihrem vollen Namen abdrucken lassen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Auch an die Richter am Bundesverfassungsgericht:

Frau Richterin Langenfeld

Frau Richterin Hermanns

Deutschland – Sicherungsverwahrung

Am 24.11.1933 wurde im Deutschen Reich unter den Nazis die Sicherungsverwahrung offiziell per Gesetz eingeführt. Sie hatte zu jener Zeit folgenden juristischen Inhalt:

Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung (Vom 24. November 1933)

§42f: „Die Dauer der Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt, der wiederholten Unterbringung in einem Arbeitshaus oder einem Asyl und der Sicherung ist an eine Frist gebunden. Die Frist beträgt bei der Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt und der Sicherungsverwahrung drei Jahre…“

Inzwischen ist die Sicherungsverwahrung in diesem Land jedoch unbegrenzt. Das heisst, dass sie bis zum Tode vollzogen werden kann. Auch wenn auf dem Papier damit kokettiert wird, „dass die Vollstreckung der Unterbringung möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt oder für erledigt erklärt werden kann.“, so ist es in der Realität anders. Mit allen Mitteln wird nicht nur durch die Vollzugsbehörden eben eine vorzeitige Entlassung (vor dem Tod!) durch Gewährung zu weiter Spielräume in der Praxis umgangen. Allein die Tatsache, dass die Nazis die Frist von 3 Jahren setzten und ein angeblicher Rechtsstaat nun die Menschen unbefristet wegsperrt, ist eine Phrase. Selbst der Unrechtsstaat DDR hat dieses Gesetz 1952, weil es von den Faschisten kam, wieder aus den Gesetzen herausgenommen. Unwillkürlich stellt sich dann auch die Frage, wer da menschlicher handelt! In den 1980ern war aufgrund einer geringen Zahl von Sicherungsverwahrten im Gespräch, das Gesetz wieder abzuschaffen. Dann jedoch erlebte das Relikt aus der Nazizeit durch die Schröderregierung in den 1990ern eine Renaissance. Wenn man schon immer, um angeblich zu warnen, auf die Schreckenstaten der Nazis hinweist, dann sollte man jedoch sich an deren Handeln nicht erweiternd orientieren. Fest steht, dass Sicherungsverwahrte ihre Strafe abgesessen haben. Egal wie man es sieht, sie sitzen danach für etwas, was noch gar nicht passiert, bzw. überhaupt nicht passieren wird, ein. Die kriminalpolitische Zielsetzung dieses Gesetzes und vor allem seine Anwendung in der strafgerichtlichen Praxis des Dritten Reiches ließen die Missbrauchsmöglichkeiten einer solchen schuldunabhängigen Maßregel deutlich werden. Und wie sehen die probaten Missbrauchsmöglichkeiten heute aus? Laut einer Studie eines bekannten Kriminologen der Uni Bochum, sowie anderer Studien von bekannten Professoren, müssten 9 von 10 Personen nicht in der Sicherungsverwahrung sitzen. Damit dürfte belegt sein, dass auch heute noch mit dem menschenverachtenden Instrument aus dem Dritten Reich, Menschen dem Missbrauch durch staatliche Gewalt ausgesetzt sind. Wie sagte Herr Dr. Schäuble beim Festakt zum Bestehen des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen gilt auch für Menschen, die einmal ein Straftat begangen haben“. Ich habe bis hin zum Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Todesstrafe gestellt, damit ich in Teilen die Würde für mich wieder bekomme. Es gab bei keiner der Instanzen eine Reaktion. Nun muss ich weiter auf den schnellen Tod hoffen, bzw. selbst beschleunigen, da schon der Artikel 1 des Grundgesetzes reine Utopie ist. Wie gut für diesen Staat, dass sie noch mit dem Finger auf andere Länder zeigen können…

A.A.

Verweigerung einer ärztlichen Empfehlung

Vorfall vom 15.05.19, Auszug aus dem Beitrag „Provokation als Test auf Selbstkontrolle?“ von Frank Könitz, (Gefangener der JVA Rosdorf, Sicherungsverwahrter)

-> Der Anstaltsarzt empfahl aus gesundheitlichen Gründen die Verlegung in einen anderen Haftraum. Dem wurde nicht entsprochen.
-> Der Anstaltsarzt empfahl eine Rotlichtlampe. Dem wurde nicht entsprochen.

Provokation als Test auf Selbstkontrolle?

von: Frank Könitz, Gefangener der JVA Rosdorf, Sicherungsverwahrter

08.05.2019: Haftraumdurchsuchung
-> Entnahme eines zugelassenen Toasters
-> Gewürzlorbeer offenkundig extra im Haftraum verstreut
-> ein Thermometer, das seit 2015 am Schnürsenkel draußen am Gitter angebracht war, entfernt
-> Kartenschachtmissbrauch: Niemand auf der Station verwendet die Tür-Karte – seit Jahren war das üblich.

10.05.19: Anspruch auf Taschengeld
-> im März erhielt ich 83,00€ statt 119,00€ Taschengeld.

15.05.19: Verweigerung einer ärztlichen Empfehlung
-> Der Anstaltsarzt empfahl aus gesundheitlichen Gründen die Verlegung in einen anderen Haftraum. Dem wurde nicht entsprochen.
-> Der Anstaltsarzt empfahl eine Rotlichtlampe. Dem wurde nicht entsprochen.
-> Begründungslos wurde mir verboten, Uhren zu reparieren.

29.05.19: Besuchsverlegung
-> Mein Antrag auf eine heimatnahe Besuchsverlegung in die JVA Bremen-Oslebshausen wurde abgelehnt.

02.06.19: Grundlose Absage eines Ausgangs zum Einkauf
-> Sehr gefreut hatte ich mich auf den Ausgang zum Einkauf, was man mir wenige Tage zuvor mitteilte. Am Tag des Einkaufausgangs (02.06.19) wurde ohne Grund dieser Ausgang abgesagt.

04.06.19, 08:50 Uhr: Wiederholte Provokation durch einen Mitgefangenen
-> Der Mitgefangene, [Name von der Knast-Soligruppe entfernt], wurde mit einer Geldstrafe aufgrund meiner Strafanzeige wegen Beleidigung bestraft. Er spuckte mir vor die Füße. Um 11:45 Uhr sagte er:“ Oh, was tun mir die Augen weh, wenn ich Könitz sehe!“ Auf meine Beschwerde beim Personal wurde mir geantwortet, dass ich ihn provoziert hätte, was nicht zutrifft.

05.06.19: Verbot einer Schenkung
-> Der Mitgefangene, [Name von der Knast-Soligruppe entfernt], wollte mir eine Stereoanlage schenken. Das wurde ihm mit dem Argument verboten, sie sei zu alt und wertvoll, auch sei keine Fernbedienung vorhanden.

PM: Gefängnisarzt aus der JVA Rosdorf verpflichtet schwer verletzten Gefangenen zur Arbeit

Unsere Genoss_innen der Gefangenengewerkschaft/ Bundesweite Organisation (GG/BO) Soligruppe Jena haben gemeinsam mit einem Gefangenen der JVA Rosdorf eine Pressemitteilung geschrieben, die wir als Knast-Soligruppe Göttingen gerne mit euch teilen möchten !

GG/BO Soligruppe Jena: Der Gefangene aus der JVA Rosdorf, dessen Knie seit einem Sportunfall im November 2018 gemäß einem externen fachärztlichen Guachten schwer verletzt und trotzdem bis heute nicht behandelt worden ist, soll nun trotz anhaltender Verletzung und Schmerzen wieder arbeiten gehen. Das verfügte der Anstaltsarzt der JVA Rosdorf.

Seit über sieben Monaten leidet der Gefangene unter extremen Schmerzen. Er kann nur auf Krücken gehen und nimmt das harte Schmerzmittel Tilidin. Grund dafür ist eine schwere Verletzung des Knies: Er hat einen schweren Knorpelschaden, Mikrofrakturen (kleine Brüche) sowie Knochenabsplitterungen im Kniegelenk. Eine Behandlung, die wohl auf eine OP hinauslaufen würde, wird ihm bis heute verwehrt. Dies haben zwei von drei Anstaltsärzten so mit anschließender Reha-Maßnahme angezeigt; die entsprechenden ärztlichen Atteste liegen vor.

Nun hat der Anstaltsarzt verfügt, dass der Gefangene nur noch von ihm behandelt werden dürfe. Als dieser sich in der Sprechstunde vorstellig machte, zog der Arzt fünf Zeugen hinzu. Er begutachtete das Knie nicht und schaute sich auch die Akte nicht an, sondern erklärte kurzerhand, dass der Gefangene nicht mehr krankgeschrieben werde und zur Arbeit gehen solle. Nach § 38 des Niedersächsischen Justizvollzugsgesetzes unterliegen Gefangene der Arbeitspflicht. Eine Verweigerung der Arbeit wird bestraft.

Im Hintergrund laufen nach Anzeigen des Gefangenen Ermittlungsverfahren. Doch derartige Verfahren dauern in der Regel viel zu lange, als dass die Gefangenen ihre Rechte so durchsetzen könnten.

Als Solidaritätsgruppe Jena der Gefangenen-Gewerkschaft protestieren wir gegen diese grundsätzliche Verletzung der Gefangenenrechte – so heißt es doch in § 56 NJVollzG: „Die Vollzugsbehörde sorgt für die Gesundheit der oder des Gefangenen“ – und gegen die krasse Willkür des Arztes, der Anstalt und des Ministeriums. Wir rufen dazu auf, die Verantwortlichen zur Verantwortung zu ziehen. Schreibt sie an und unterstützt die Forderung nach sofortiger Freilassung des Gefangenen zwecks unverzüglicher Behandlung des schwerverletzten Knies:

Justizvollzugsanstalt Rosdorf
Am Großen Sieke 8
37124 Rosdorf
Telefon (0551) 99 73 30
Fax (0551) 99 73 31 70 5
E-Mail: JVROS-Poststelle@justiz.niedersachsen.de

Niedersächsisches Justizministerium
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Fax: 0511 / 120 5170
E-Mail: poststelle@mj.niedersachsen.de

Jena, 2. Juli 2019

Die von den einzelnen AutorInnen veröffentlichten Beiträge geben nicht die Meinung der gesamten GG/BO und ihrer Soligruppen wieder. Die GG/BO und ihre Soligruppen machen sich die Ansichten der AutorInnen nur insoweit zu eigen oder teilen diese, als dies ausdrücklich bei dem jeweiligen Text kenntlich gemacht ist.

 

Text im Original auf :

Gefängnisarzt aus der JVA Rosdorf verpflichtet schwer verletzten Gefangenen zur Arbeit

PM: Nach draußen! Gefangene der JVA Rosdorf berichten auf neuem Blog der Knast-Soligruppe Göttingen

Seit Juni 2019 gibt es den neuen Blog „Knast-Soligruppe Göttingen“. Unter der Rubrik „Nach draußen!“ berichten Gefangene der JVA-Rosdorf aus ihrem Alltag. Daneben hat die Knast-Soligruppe verschiedenes informatives und kritisches Material zur Situation in Gefängnissen zusammengestellt und dokumentiert auf der Seite auch die Aktivitäten der Gruppe.

„Als wir an Silvester 2018 zu unserer ersten Soli-Kundgebung an der JVA Rosdorf waren, haben wir auf einem Transparent unsere Postanschrift bekannt gemacht. Wir haben die Gefangenen eingeladen, uns zu schreiben, überhaupt erst einmal mit uns in Kontakt zu treten, wenn sie wollen. Tatsächlich haben uns schon bald Briefe von Gefangenen aus der Strafhaft und der Sicherungsverwahrung erreicht. Einige von uns stehen mittlerweile in regelmäßigem Briefkontakt“, berichtet Michaela Kensy von der Knast-Soligruppe.

Bereits in den ersten Briefen schrieben Gefangene von z.B. nicht ausreichender medizinischer Versorgung, immens hohen Telefongebühren des Knast-Anbieters Telio oder massiv eingeschränkter Mediennutzung. Andere erklärten, was es mit dem Arbeitszwang im Gefängnis auf sich hat. So entschied sich die Knast-Soligruppe, den Gefangenen auf einem Blog die Gelegenheit zu geben, öffentlich über die Verhältnisse in der JVA Rosdorf oder im Knast allgemein zu berichten. Die Gefangenen können wegen des beschränkten Internetzugangs selbst nicht auf die Website zugreifen. Ihre Beiträge lassen sie in Briefen der Knast-Soligruppe zukommen, die diese dann veröffentlicht.

„Mit den Texten der Gefangenen sind wir noch ganz am Anfang. Erste haben wir unter den Überschriften Arbeitsbedingungen, Sicherungsverwahrung und Poesie veröffentlicht. Weitere Rubriken wie Medizinische Versorgung sind in Planung. Gefangene sind angefragt und haben auch schon angekündigt, dazu Beiträge zu schreiben. Wir hoffen, der Blog füllt sich bald. Klar, Berichte aus Gefängnissen gibt es allein in Deutschland zahlreiche. Wir finden es aber wichtig, von denjenigen Menschen etwas zu hören, die konkret hier in Göttingen gefangen gehalten werden“, so Michaela Kensy weiter.

Neben einer grundsätzlichen Kritik am Gefängnissystem ist es der Knast-Soligruppe auch ein Anliegen, die Gefangenen konkret zu unterstützen, da wo es möglich ist. Michaela Kensy: „Es gibt immer wieder Gefangene, die sich für ihre Rechte einsetzen oder sich gegen Ausbeutung und Schikanen im Gefängnis wehren. Da wollen wir unterstützen, denn solidarisches Leben muss an der Knastmauer nicht aufhören.“

Knast-Soligruppe Göttingen, 24.06.2019